(Wien, 20.06.2018) Der Österreichische Biomasse-Verband unterzieht die Bundesländer einem Energiewende-Check; Hintergrund ist eine Neuauflage des Bioenergie-Atlas Österreich im Herbst. Den Beginn macht die Steiermark, wo erneuerbare Energien zu fast 70 % biogener Natur sind – dies ist der höchste Bioenergie-Anteil unter allen Bundesländern. Mit dem höchsten Waldanteil in Österreich in der Höhe von 61 % ist auch der Rohstoff reichlich vorhanden, denn die in der Steiermark genutzte Biomasse basiert zu 83 % auf Holz. Der Bruttoinlandsverbrauch an Bioenergie in der Steiermark hat sich seit 1988 mehr als verdoppelt und 2016 einen Rekordwert erreicht. Ohne Biomasse läge die Steiermark beim Anteil erneuerbarer Energien nur bei 9 % – mit Biomasse erzielt man 29,5 % und liegt knapp unter dem Bundesschnitt (29,9 %).
Höchstzahl an Biomasse-Heizwerken in Österreich
Die wichtigsten biogenen Energieträger sind Laugen der Papierindustrie (27 %), Neben- oder Koppelprodukte der Forstwirtschaft wie Hackschnitzel bzw. Sägenebenprodukte (26 %) und Brennholz (24 %). Auch Biotreibstoffe (8 %), Biogas (5,5 %) und Pellets (5,3 %) spielen eine nicht unbedeutende Rolle. Neben der Holz- und Papierindustrie haben auch die zahlreichen neu gegründeten Biomasse-Heizwerke und -KWK-Anlagen zum Anstieg des Bioenergieeinsatzes beigetragen. Die Steiermark verfügt über die höchste Zahl von Biomasse-Heizwerken (590 Stück) in Österreich. Zusammen mit 26 Biomasse-Kraftwärmekopplungsanlagen sorgen die Heizwerke für einen biogenen Anteil der Fernwärmeproduktion von 47 %. Große Beiträge der Fernwärmeerzeugung kommen allerdings noch von Kohle (27 %) und Erdgas (23 %).
Dritter Platz bei biogener Raumwärme – starker Rückgang beim Heizölverbrauch
Inklusive biogener Fernwärme liegt der Biomasse-Anteil am Raumwärmeverbrauch in der Steiermark bei 49 %. Dies ergibt hinter dem Burgenland und Kärnten Rang drei in Österreich. 135.000 Hauptwohnsitze werden in der Steiermark mit Holzzentralheizungen und Einzelöfen beheizt. Der Einsatz von Holzbrennstoffen ist in den letzten zwölf Jahren von 9,5 Petajoule (PJ) auf 10,3 PJ gestiegen, obwohl der Gesamtverbrauch für Raumwärme um fast 3 PJ auf 25 PJ zurückgegangen ist. Die Heizölmengen verringerten sich seit 2003/04 dagegen von 11,1 PJ auf 6,5 PJ. Die Zahl der mit Öl heizenden Haushalte ist im gleichen Zeitraum um gut 20 % auf 122.000 gesunken. Starken Zuwachs gab es bei Fernwärme und Wärmepumpen: Fast 170.000 steirische Haushalte setzen mittlerweile auf Fernwärme, 54.000 heizen mit Wärmepumpen oder Solarthermie.
Vorletzter bei Ökostrom – über ein Viertel Stromimporte
Beim Ökostrom belegen die Steirer in Österreich den vorletzten Platz – nur Wien hat einen noch geringeren Anteil. Immerhin hat die Steiermark den Beitrag erneuerbaren Stroms durch den Ausbau von Windkraft, Photovoltaik und Biomasse in den letzten fünf Jahren von 40 % auf knapp 51 % gesteigert. Dass das Land sich damit klar unter dem Bundesschnitt von 72 % befindet, liegt vor allem am vergleichsweise geringen Beitrag der Wasserkraft an der Stromerzeugung von 38 % (Österreich: 55 %). Biomasse trägt 8 % zum Stromaufkommen bei: Alleine 5 % werden durch Ablaugen bereitgestellt.
Auffällig ist der hohe Importanteil am steirischen Stromaufkommen. 27 % sind hinter Wien der zweithöchste Wert in Österreich. Auch der Anteil von Kohlestrom in der Steiermark ist mit 12 % der höchste in der Republik. Ursache ist das umstrittene, mit Steinkohle betriebene Fernheizkraftwerk Mellach, das 2019 abgeschaltet werden soll.
Treibhausgasemissionen zum Großteil aus Industrie und Mobilität
Als Industriestandort hat die Steiermark einen vergleichsweise hohen Energiebedarf, den dritthöchsten innerhalb Österreichs sowohl gesamt als auch pro Kopf. Auch die Treibhausgasemissionen der Steirer liegen mit 11 Tonnen CO2-Äquivalent pro Kopf deutlich über dem österreichischen Schnitt von 9,1 Tonnen. Die größten Anteile entfallen auf die Industrie mit 41 % und auf den Verkehr mit 25 %. Von 1990 bis 2015 haben die Treibhausgasemissionen der Steiermark um 4 % abgenommen. Milde Winter und ein Rückgang beim Heizölverbrauch sorgten im Gebäudesektor für eine Reduktion um 54 %. Den größten Zuwachs gab es dagegen im Verkehr, wo die Emissionen aufgrund gestiegener Straßenverkehrsleistung und Kraftstoffexport um 60 % gestiegen sind.
Steirische Formel 36/30/40
Die Steiermark wurde in den letzten Jahren besonders stark von Extremwetterereignissen heimgesucht. Im Zuge des sich verschärfenden Klimawandels hat der steirische Landtag Anfang 2018 eine neue Klima- und Energiestrategie beschlossen. Gemäß der Formel 36/30/40 sieht diese bis 2030 eine Senkung der Treibhausgasemissionen um 36 %, die Steigerung der Energieeffizienz um 30 % und einen Anteil erneuerbarer Energieträger von 40 % (derzeit ca. 30 %) vor. Das Fernziel für 2050 ist die CO2-neutrale Steiermark. Erneuerbare Energien sollen bis 2030 von 55 Petajoule (PJ) um 17,4 PJ ausgebaut werden. Der Ausbau verteilt sich auf 6,4 PJ Solarenergie, Erd- und Umgebungswärme, 4,7 PJ Biomasse, 3,7 PJ Windkraft und 2,6 PJ Wasserkraft. Neben der direkten Nutzung von Biomasse zur Wärmegewinnung (mit modernen Kleinfeuerungsanlagen in Einfamilienhäusern und Gewerbe) soll die Umwandlung in Biogas, erneuerbares Gas, biogene Treibstoffe und erneuerbare Fernwärme forciert werden.
Rückfragehinweis:
Forstassessor Peter Liptay,
Tel.: 01/533 07 97-32
Mobil: 0664 308 2603
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Bioenergie in der Steiermark