(Wien, 26. Juli 2022) – Mit einem Energiewende-Beschleunigungspaket möchte Niederösterreich die Abhängigkeit von Russland reduzieren und erneuerbare Energien ausbauen. Derzeit sind in Niederösterreich Erdöl (49 %) und Erdgas (20 %) laut Energiewende-Check des Österreichischen Biomasse-Verbandes noch die bedeutendsten Energieträger. Wichtigste erneuerbare Energiequelle ist die Biomasse, die 15 % des gesamten Energieverbrauchs deckt. Unter den Ökoenergien dominiert sie mit einem Anteil von 52 % vor Wasserkraft (26 %) und Windkraft (15 %). Die bedeutendsten biogenen Sortimente sind Nebenprodukte der Forst- und Holzwirtschaft wie Hackgut oder Rinde mit 37 %, gefolgt von Scheitholz (31 %), Pellets (9,2 %) und Biotreibstoffen (7,8 %). Bis 2030 soll laut dem NÖ Klima- und Energiefahrplan die Biomassenutzung aus nachhaltiger Land- und Forstwirtschaft auf 18 Mrd. kWh Energie ausgebaut werden (2020: 13,7 Mrd. kWh).
Holzenergie überholt Erdgas in der Raumwärme
Bioenergie wird in Niederösterreich zu 84 % für die Wärmegewinnung (Raum- und Prozesswärme) eingesetzt. Bei der Raumwärme von privaten Haushalten macht der Anteil von Biomasse inklusive biogener Fernwärme im Vergleich mit den anderen Energieträgern 39 % aus und liegt damit knapp unter dem Bundesschnitt. 160.500 niederösterreichische Haushalte heizen mit Scheitholz, Pellets oder Hackgut. Die Holzbrennstoffe haben damit Erdgas, das etwa ein Drittel der Raumwärme bereitstellt, überholt. Heizen mit Holz liegt weiter im Trend, denn 2021 wurden in Niederösterreich mit 4.272 Kesseln so viele moderne Holzheizungen installiert wie seit 2013 nicht mehr. Bezogen auf die Anzahl der Haushalte heizen aber noch die meisten Niederösterreicher*innen (203.000 Wohnsitze) mit Erdgas.
Kein Tausch auf neue Ölheizungen ab 2025
Der Einsatz von Heizöl ist in den letzten 15 Jahren in Niederösterreich um 34 % zurückgegangen, die Anzahl der Haushalte mit einem Ölkessel als Hauptheizsystem ist um 50.000 auf 86.000 Haushalte gesunken (–37 %). Den größten Anstieg seit 2003/04 gab es bei Fernwärme (von 32.000 auf 130.000 Haushalte) und Wärmepumpen inklusive Solarwärme (von 22.000 auf 102.000 Wohnsitze). Als erstes Bundesland trat in Niederösterreich 2019 ein Verbot für Ölkessel in Neubauten in Kraft. Gemäß dem NÖ Klima- und Energiefahrplan soll ab 2025 auch der Tausch auf neue Ölkessel nicht mehr möglich sein. Dagegen sollen bis 2030 30.000 zusätzliche Haushalte mit Wärme aus Biomasse und erneuerbarem Gas versorgt werden. Auch soll der Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser bis 2030 um rund ein Fünftel gesenkt werden.
Land der Nahwärme-Anlagen – fünf Mal mehr Biomasse-Fernwärme seit 2005
Dank des Ausbaus von Biomasseheizwerken und Holzheizkraftwerken hat sich die Erzeugung biogener Fernwärme in Niederösterreich seit 2005 etwa verfünffacht. In dem Bundesland gibt es 813 Biomasse-Nahwärmeanlagen (inklusive Kleinanlagen und Abwärme), die jährlich etwa 1,6 Mrd. kWh Wärme produzieren. Damit verfügt Niederösterreich über die meisten Biomasseheizwerke in ganz Österreich. Zusätzliche rund 1,1 Mrd. kWh Fernwärme steuern 31 Biomasse-KWK-Anlagen bei. Über Nahwärmetrassen von 1.200 km werden nach Angaben vom Amt der NÖ Landesregierung mehr als 41.000 Anschlüsse und rund 115.000 Haushalte mit Wärme aus Biomasse versorgt. Diese Wärme wird durch Einsatz von 4,3 Mio. Schüttraummetern (srm) Waldhackgut und 1,3 Mio. srm Sägespänen und Sägehackgut in Heiz- und Heizkraftwerken sowie durch 12.800 Tonnen Stroh in Heizwerken erzeugt. Diese Brennstoffmenge entspricht rund 18.200 Tanklastzügen Heizöl und generiert61,5 % der gesamten Fernwärme Niederösterreichs. Der Betrieb der niederösterreichischen Heizwerke und Heizkraftwerke kreiert jährlich eine regionale Wertschöpfung von etwa 100 Mio. Euro. Insgesamt erzeugt Niederösterreich etwa ein Fünftel der gesamten Fernwärme Österreichs.
Nachwachsende Wärme- und Stromerzeugung aus Schad- und Durchforstungsholz
Niederösterreich hat seinen Erneuerbaren-Anteil in der Elektrizitätserzeugung in den letzten zehn Jahren kontinuierlich von 71 % auf fast 92 % gesteigert. Wichtigster Stromproduzent ist die Wasserkraft (49 %) vor der Windkraft (27 %). Die Biomasse-KWK-Anlagen in Niederösterreich haben 2020 527 Mio. kWh Strom eingespeist und damit 3,7 % zur Stromproduktion beigetragen. Gegenüber ihrem Peak von 2016 ist die Stromerzeugung der Holzkraftwerke allerdings mangels Ökostromförderung um 21 % zurückgegangen. Im Zuge des rasanten Strompreisanstiegs haben einige stillgelegte Anlagen jedoch 2021 und 2022 den Betrieb wieder aufgenommen. Die Holzkraftwerke sind wichtige Abnehmer für die gigantischen Schadholzmengen, die in Niederösterreich seit 2015 aufgrund der Borkenkäfermassenvermehrung angefallen sind. Die Käferholzmengen erreichten 2018 in Niederösterreich ein Allzeithoch von 3,3 Mio. Vorratsfestmetern (Vfm). Alleine in den durch Trockenstress geschädigten Fichtenbeständen des Waldviertels fielen 2018 rund 59 % des gesamten Käferholzes Österreichs an (2019: 57 %). 2021 gingen die Schäden auf 0,6 Mio. Vfm zurück.
Minus 20 %: Bundesland mit höchstem Rückgang bei Treibhausgasemissionen
Insgesamt hat Niederösterreich seine Treibhausgasemissionen gegenüber 2005 um mehr als 20 % verringert, das ist die größte Reduktion unter allen Bundesländern. Gemäß NÖ Klima- und Energiefahrplan möchte das Bundesland bis 2030 seine Treibhausgasemissionen (außerhalb des Emissionshandels) um 36 % senken. Der niederösterreichische Anteil an den Treibhausgasemissionen Österreichs lag 2019 bei 22 %. Der Sektor Energie verursacht rund 25 % dieser Emissionen, alleine die Ölraffinerie in Schwechat emittierte 2019 etwa 16 % aller Treibhausgase Niederösterreichs. Seit 1990 haben sich die Emissionen im Energiesektor aufgrund der verringerten Stromerzeugung in Kohlekraftwerken um 32 % reduziert. Im Kraftwerk Dürnrohr wurde die Kohleverstromung 2019 nach 33 Jahren beendet, aus dem Standort ist ein Energieknoten mit Müllverbrennungsanlage und Photovoltaik geworden. Der Verkehr trägt 30 % zu den Treibhausgasemissionen bei, die Industrie 18 %, die Landwirtschaft 12 % und der Sektor Gebäude rund 10 %. Auf den Verkehrssektor (+76 %) und die Industrie (+20 %) entfallen die größten Zuwächse seit 1990. In Niederösterreich sind rund 1.123.000 Pkw zugelassen. Bis 2030 soll jeder fünfte Pkw auf Niederösterreichs Straßen elektrisch unterwegs sein. Ende 2021 lag die Quote reiner Elektroautos mit 15.152 Stück bei 1,4 %. Unter den 2021 neu zugelassenen Pkw betrug ihr Anteil mit 5.720 E-Fahrzeugen immerhin 13 %.
Rückfragehinweis:
Forstassessor Peter Liptay,
Österreichischer Biomasse-Verband,
Tel: +43 (0)1 533 07 97 – 32,
Mobil: +43 660 85 56 804;
E-Mail: liptay@biomasseverband.at