(Wien, 02. August 2022) – Für das Industrie-Bundesland Oberösterreich stellt die Energiewende eine besonders große Herausforderung dar. Aufgrund der energieintensiven Industrie entfallen 24 % des bundesweiten Energieverbrauchs und 29 % der Treibhausgasemissionen auf Oberösterreich. Rein rechnerisch liegen die Oberösterreicher*innen damit beim Energieverbrauch pro Kopf um 45 % über dem Bundesschnitt und erreichen auch bei den Pro-Kopf-Emissionen mit 15,4 Tonnen CO2 einen Spitzenwert gegenüber einem österreichweiten Mittelwert von 9 Tonnen. Für die Treibhausgasemissionen ist die Schwerindustrie mit 56 % hauptverantwortlich. Aus dem Verkehr stammen 20 %, aus der Landwirtschaft 10 %, aus dem Gebäudesektor 5,7 % und aus dem Energiesektor 5,2 % der Emissionen.
Höchster Kohle- und Erdgasverbrauch in Österreich
Mit einem Endenergieverbrauch von 42 % liegt die Industrie in Oberösterreich weit vor dem Verkehr (27 %) und den Haushalten (22 %). Die Emissionen der Industrie haben von 1990 bis 2019 um 22 % zugenommen, was vor allem auf die energieintensive Eisen- und Stahlindustrie zurückzuführen ist, die ihre Prozesswärme zu 49 % aus Kohle und zu 46 % aus Erdgas erzeugt. 71 % der in Österreich genutzten Kohle wird in Oberösterreich eingesetzt, überwiegend in Kokereien und Hochöfen zur Eisenverhüttung. Daneben hat Oberösterreich auch den höchsten Erdgasverbrauch in Österreich, was vor allem am großen Bedarf der Industriezweige Chemie, Stahl, Papier sowie Steine und Erden liegt. Die fossilen Energieträger Kohle, Erdöl und Erdgas nehmen je ein knappes Viertel am Energieverbrauch Oberösterreichs ein. Zwar produziert das Bundesland hinter Niederösterreich die größte erneuerbare Energiemenge in der Republik, aufgrund des hohen Energieverbrauchs liegt der Anteil Erneuerbarer am Bruttoinlandsverbrauch mit 27,9 % aber unter dem Bundesschnitt von 32,7 %. Vor allem infolge der schwankenden Wasserkraft pendelt diese Quote seit 2009 zwischen 24 % und 28 %.
Steigender Dieseleinsatz, Aufwärtstrend bei Elektroautos
Die Emissionen aus dem Verkehr haben sich in Oberösterreich als Folge des verstärkten Dieseleinsatzes seit 1990 um 82 % erhöht. Der Energieverbrauch im Straßenverkehr wird zu 75 % durch Diesel und zu 17 % durch Benzin gedeckt. Von den knapp 970.000 Pkw im Bundesland sind derzeit 15.141 rein elektrisch unterwegs, also nur 1,6 %. Immerhin wurden im Jahr 2021 6.688 neue E-Pkw zugelassen, das war der Höchstwert unter allen Bundesländern und entspricht einer Quote von 16 % unter den Neuzulassungen. Seit Ende 2019 fördert das Land OÖ Ladelösungen im mehrgeschossigen Wohnbau.
Holzheizungen klare Nummer eins in der Raumwärme
Im Gebäudesektor konnten die Emissionen seit 1990 um 39 % reduziert werden, das ist die drittgrößte Reduktion unter allen Bundesländern. Beim durchschnittlichen Verbrauch für Raumwärme, Warmwasser und Kochen befinden sich die oberösterreichischen Haushalte mit etwa 18.900 kWh im Mittelfeld der Bundesländer. Bei der Gesamtsanierungsrate im Wohnbau liegt Oberösterreich deutlich über dem Bundesschnitt. Holz ist für die oberösterreichischen Haushalte mit Abstand wichtigste Raumwärmequelle, weit vor Erdgas und Fernwärme. 37 % der Raumwärme werden mit Scheitholz-, Hackschnitzel- oder Pelletsfeuerungen gewonnen, 111.000 Haushalte verwenden eine Holzfeuerung als Hauptheizsystem. Im Jahr 2021 wurden weitere 3.600 moderne Holzheizungen installiert, so viele wie seit 2013 nicht mehr. Vor allem automatische Kleinfeuerungen sind sehr beliebt, etwa die Hälfte aller bundesweit betriebenen Hackgutheizungen (27.600 Stück) und mehr als ein Fünftel der Pelletskessel (36.900 Stück) wurden in Oberösterreich installiert. Die positive Marktentwicklung wird auch durch technologische Innovationen oberösterreichischer Unternehmen vorangetrieben. Gemeinsam mit biogener Fernwärme aus über 500 Biomasse-Nahwärmeanlagen und 18 Holzkraftwerken deckt Biomasse 43 % des Raumwärmebedarfs.
Adieu Öl: Anzahl der Ölkessel um die Hälfte gesunken
Der Heizölverbrauch der Haushalte hat sich seit 2003/04 halbiert, womit der Anteil von Heizöl am Raumwärmeverbrauch auf 14 % gesunken ist. Auch die Anzahl von Ölkesseln ist im Vergleichszeitraum um etwa die Hälfte auf 82.000 Heizungen gesunken. Seit Mitte 2019 sind in Oberösterreich Ölheizungen im Neubau verboten. Stark zugenommen haben Wärmepumpen, die bei etwa 115.000 Haushalten im Einsatz sind und schon 6,9 % des Raumwärmebedarfs decken. Etwa 208.000 oberösterreichische Haushalte sind an das Fernwärmenetz angeschlossen, der Beitrag zum Raumwärmeverbrauch beträgt 15 %. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Fernwärmeproduktion ist in Oberösterreich mit 44 % vergleichsweise gering. 41 % der Fernwärme basiert auf Biomasse, 43 % auf Erdgas.
Größter Wasserkraftproduzent der Republik, Flaute bei der Windkraft
Oberösterreich verbraucht etwa 22 % des gesamten Stroms in der Republik, produziert hinter Niederösterreich aber auch die zweitgrößte Ökostrommenge. Der Anteil grünen Stroms liegt bei 73 %. Die Wasserkraft liefert mit Kraftwerken an Donau, Traun, Enns und Inn 62 % des Stromaufkommens. Biomasse steuert 7,2 % zur Stromversorgung bei: Laugen der Papier- und Zellstoffindustrie (2,7 %) und Holzreststoffe (2,4 %) bei den Holzkraftwerken leisten die größten Beiträge. Seit Veröffentlichung des „Oö. Windkraft Masterplans 2017“, der großräumige Ausschlusszonen definiert, wurde den 30 oberösterreichischen Windkraftanlagen, die erst 0,6 % des Strombedarfs erzeugen, keine neue Anlage mehr hinzugefügt. Auch 2022 ist die Umsetzung nur einer einzigen 3 MW-Neuanlage im Windpark Munderfing geplant. Die Strommenge aus Photovoltaik hat sich dagegen seit 2016 mehr als verdoppelt und bringt es auf 2,9 % der Stromversorgung. 2021 wurden nochmals 177 MW (+41 %) installiert, wodurch sich die PV-Modulfläche auf 4,6 Mio. m2 erhöhte – das ist bundesweit Platz zwei. Gemäß der neuen „OÖ Photovoltaik Strategie 2030“ soll bis 2030 auf 200.000 Dächern jährlich 3.500 GWh (2020: 459 GWh) Sonnenstrom erzeugt werden.
Energiestrategie Oberösterreichs legt Fokus auf Wirtschaftsstandort
Die Energiestrategie Oberösterreichs soll das Bundesland als internationale Energie-Leitregion etablieren. Auf eine klare Zielsetzung zur Klimaneutralität wird verzichtet, man verweist auf das gemeinsame Ziel klimaneutraler Kontinent Europa bis 2050. Die Energiewende soll wirtschaftlich und sozial verträglich gestaltet werden. Treibhausgase und Energieverbrauch sollen lediglich im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung reduziert werden. Eine Kostenbelastung der Wirtschaft und Haushalte durch „Gold Plating“ soll zudem vermieden werden.
Rückfragehinweis:
Forstassessor Peter Liptay,
Österreichischer Biomasse-Verband,
Tel: +43 (0)1 533 07 97 – 32,
Mobil: +43 660 85 56 804;
E-Mail: liptay@biomasseverband.at